Grundsätzlich ist es einmal so, dass Boote die aus Ortho - oder Isoharzen gefertigt werden für einige Zeit "stinken". Wobei die Geruchsbelästigung einzelner auch unterschiedlich zu bewerten ist. Was den einen gewaltig "stinkt" betrifft den anderen nicht im geringsten.
Bei den Harzen die zum laminieren verwendet werden handelt es sich immer um eine chemische Härtung und nicht um eine physikalische Härtung. Da dieser Reaktionsprozess eingestellt werden muss, wird Styren, Phenylethen zugefügt. Ohne diese Zugaben würden die Harze "reissen" und sehr schnell verspröden was den Bootskörper zerstören würde. Styren polymesiert bei Raumtemperatur, was die Geruchsbelästigung erklärt. In Verbindung mit Sauerstoff wird Styren zu Styroloxyd epoxidiert.
Bei der Fertigung wird das Boot von aussen mit einen Vinylesther (Gelcoat) versiegelt. Im Innenbereich werden die Boote mit einem Epoxyd oder Polyurethan (Topcoat) mit Airles gespritzt um die Oberfläche zu versiegeln. In den früheren Jahren wurden die Bootsrümpfe meist bei Jollen innen nicht versiegelt, mit der Folge dass die Moleküle die als Weichmacher zugefügt werden (absolutes muss) ausdiffundieren was zu einer erheblichen Geruchsbelästigung und auch Versprödung der Harze führen kann. Ohne diese Versiegelung, bleibt der Geruch über Jahre bestehen.
Auch der Hinweis, dass der Bootsrumpf nicht bei 40°C getempert wurde, kann ich nicht glauben. Bootsrümpfe aus GFK werden seit Jahrzehnten bei allen Herstellern getempert, beidseitig versiegelt. Auch eine Temperung würde den Geruch kaum beeinträchtigen wie manche glauben. Styren wird so lange ausdiffundieren, bis diese verbraucht wurden. Das ist auch eines der Probleme beim Unterwasserschiff, dass der Gelcoat ohne Versiegelung nach Jahren versprödet und seine Eigenschaften verändert.
Styren muss aber auch in geringen Beigaben den Esther zugefügt werden, da sonst die Oberfläche reissen würde. Die Oberfläche benötigt eine Elastizität über 3%. Da dieses Styren ausdiffundiert kommt es immer für die Dauer bis zu 2 Jahren zu einer Geruchsbelästigung je nach Empfindlichkeit der Nase.
Styren in hohen Konzentrationen eingeatmet verursacht natürlich gesundheitliche Schäden. Im Körper wird es zu Styroloxyd oxidiert und nach ca. einen halben Tag über den Harn ausgeschieden. Styren wird auch als Geruchsträger bei der Parfümherstellung benutzt. Das erklärt auch, warum bereits wenige Moleküle diesen Geruch verursachen. Die Anteile die in einen Boot frei gesetzt werden befinden sich nur auf der Oberfläche und sind so gering dass gesundheitliche Schäden kaum zu erwarten sind. In Schuhcreme sind auch diese Stoffe enthalten. Es gibt aber keine Erkenntnisse, dass beim Schuheputzen einer erkrankte.
Der Hauptanteil der Geruchsbelästigung ist nicht der Ausdünstung aus dem GFK zuzuschreiben, sondern wird durch die Einbauten verursacht. Für die Innenausstattung werden Polymerwerkstoffe, Textilien, schichten verleimte Hölzer, Dämmstoffe und auch Elastomere verwendet. Für den Einbau dieser Materialien werden Lösungsmittelkleber, 2 komp. Epoxydklebstoffe, Farben und Lacke, verschiedene Holzöle mit Grundierungen verwendet. Die flüchtigen Substanzen wie die Restmonomere und Lösungsmittel sind es, die den größten Anteil bei der Geruchsbildung in einer Yacht haben. Dazu gehören auch die Polyvinylchloride sowie 1,2,4 – Trimethylbenzen. Zusätzlich werden noch die schwer flüchtigen Stoffe der Weichmacher ausgeschieden. Auch bei einen Neuwagen kann es bis zu einem halben Jahr dauern, bis der Geruch verschwindet, bzw. wir den Geruch nicht mehr riechen können.
Die max. Werte die abgegeben werden dürfen, betragen 20 ml/qm. Die Werte die in einen Boot abgegeben werden sind um einige 1000 mal geringer. Eine Rückgabe des Bootes wegen gesundheitlicher Bedenken ist deshalb kaum möglich. Auch ein neues Auto "stinkt" für einige Zeit. Da ein Auto das der Sonne ausgesetzt ist im Inneraum bis zu 100°C aufgeheizt wird, verschwindet diese Geruchsbelästigung entsprechend schnell. Im Boot dauert es etwas länger, im Norden wo es meist kühler ist, noch länger. Auf Grund des Geruches einen Herstellungsfehler (z.B. zu hohe Styrenanteile) mit Hilfe eines Sachverständigen nachzuweisen ist technisch möglich. Daraus aber einen Gewährleistungsanspruch abzuleiten kaum möglich. Die Abgabewerte sind viel zu gering. Da sich das Problem nach einiger Zeit von selbst löst, können daraus keine Gewährleistungsansprüche abgeleitet werden. Ein neues GFK - Boot stinkt nun mal für einige Zeit, daran wird sich nichts ändern. Das kann bis zu 2 Jahre dauern, ist nun mal so. Also lüften.....!
Admin